Sewekow. Der greise Honecker wird als damaliger DDR-Regierungschef bei seinem dreitägigen Staatsbesuch vom 13. Oktober 1987 wohl nicht eine der extra für die DDR-Führung gefertigten, verlängerten und verstärkten Volvo-Staatskarossen in Belgien vergessen haben. Dort hatte einer der Wittstocker Oldtimer-Stammtischfreunde nun einen der originalen Honecker-Volvos entdeckt und in den Landkreis OPR geholt. Schätze heben und bergen, dafür scheuen wahre Oldtimer-Freunde keine Mühe. Allerdings hat jeder von den Wittstocker Oldtimerfreunden stets die damit verbundenen Kosten im Blick, „alles muss im Rahmen und bezahlbar bleiben“, sagt Daniel Hauke. Er hatte sich mit drei Gleichgesinnten getroffen, um mit den anderen über Fortschritte in der eigenen Sammlung, Restaurierungsfortschritte sowie bürokratische Hürden und Anforderungen für Abnahmeprüfungen zur Wiederzulassungen restaurierter Autos die Erfahrungen auszutauschen. Jeder der Vier hat schon viel Geld und Zeit in die Restaurierungen investiert. Die Zulassung mit dem H-Kennzeichen – für den Alltagsbetrieb sogar in den Umweltzonen von Großstädten oder für ein 7er-Kennzeichen für Test- und Einstellfahrten mit dem Oldtimer – ist der erhoffte Schlusspunkt.

 

Mit dem originalen Honi-Volvo wird es bis an diesen Punkt noch lange dauern. Er steht hinten an in der Arbeitsplanung eigener Restaurierungen. Im Freundeskreis sind sie alle vernarrte Schrauber. „Es ist nicht unser Ding als Oldtimerfreunde nur schick rumzufahren, wie die handverlesene Oldtimer-Gruppe der jährlichen ADAC-Oldtimer-Rallye durch Deutschland“, sagt Marko Heidinger, der aus Kyritz zum Wittstocker Oldtimerstammtisch dazu gekommen ist. Auch Daniel Hauke erinnert sich gut an den Auftritt dieser Rallyeteilnehmer, als sie einen Zwischenstopp in Wittstock im Amtshof gemacht hatten. Die Wittstocker Stammtischmitglieder mit ihren restaurierten Fahrzeugen hatten für sie eine schöne Kulisse im Amtshof mit eigenen Oldies aufgestellt. Zu Kontakten und fachmännischen Gesprächen über Fahrzeugrestaurierungen ist es dabei nicht gekommen. „Wir bauen unsere alten Fahrzeuge eigenhändig auf, wir kennen unsere Technik in- und auswendig, und wir helfen uns gegenseitig. Unsere gemeinsamen Ausfahrten sind nur der Höhepunkt dieser Gemeinsamkeit. Aber diese Deutschlandrallye ist wohl nur für gut betuchte Leute, die sich in die fertigen Autos setzen und dafür feiern lassen“, spricht Daniel Hauke auch seinen Freunden aus der Seele. :

 

Diederich Im eigenen Kreis gibt es keine Geheimniskrämereien. Jeder von den Oldtimerfreunden hier weiß, dass er sich auf den anderen auch im Notfall und bei Pannen verlassen kann. „In Bremen gibt es zudem einen ganz prächtigen Menschen, der sich ehrenamtlich eine kostenfreie Notrufzentrale geschaffen hat und alle Orte und Namen der Leute kennt, die den Fahrern von DDR-Oldtimern bei Pannen als nächstgelegene Adresse mit Ersatzteilen, technischen Ratschlägen und mitunter sogar richtiger Werkstatt weiterhelfen“, sagt Nico Girth. Die Oldtimerfreunde können also auch sorgenfrei losfahren und brauchen keinen Kofferraum voller Ersatzteile in den Urlaub mitzunehmen. „Wie zu DDR-Zeiten reichen ein neuer Keilriemen, neue Zündkerzen und Werkzeug für die Fahrt ins Blaue“, sagt Hauke. Zudem stimme auch das Bild von überholter, maroder und anfälliger Automobiltechnik nicht. „Was sich modernisieren lässt, ohne den originalen Gesamteindruck zu stören, das wird auch gemacht. Man muss sich nicht mehr Stress machen als nötig“, so Hauke. Die Zündanlagen im Trabi sind schon elektronisch. Dass die Rennpappe trotzdem ein unverkennbarer Stinker bleibt und mit seinem Zweitakter-töff-töff-töff-Geknatter die Aufmerksam der Passanten erreicht, freut die Oldtimerfreunde.

 

Nico Girth hat 1993 mit einem Trabant P 50, Baujahr 1962, zum Oldie-Hobby gefunden. Der 37-Jährige besitzt inzwischen mehrere alte Fahrzeuge und fährt auch gerne mit seinem Barkas B 1000 mit Schiebetür. An dem Kleinbus ist schon manches unauffällig modernisiert worden.

 

Marko Heidinger begann seine Oldtimer-Karriere mit dem Vorgänger-Moped der späteren Vogelserie, mit einem KR 50-Einsitzer, den ihm der Opa gekauft hatte. Seit 17 Jahren sammelt und restauriert er schon. „Mein erstes eigenes Fahrzeug war damals ein Moped S 50 B2 mit schon elektronischer Zündung“, sagt der 31-Jährige. Jetzt ist er auf den Trabant 601 gekommen, dem er ein 7er Nummerschild für den täglichen Gebrauch verpassen ließ.

 

Daniel Hauke hatte sich 1993 als 18-Jähriger mit dem Oldtimer-Virus infiziert und einen 311er Wartburg, Baujahr 1956, mit originalem Kfz-Brief gekauft, der einem ehemaligen bekannten Wittstocker Taxiunternehmer gehört hatte. 312er und 353er Wartburg kamen später dazu, dann auch ein Barkas B 1000 und sogar eine originale Polizei-MZ. Der jüngste in dieser Runde ist Michael Jantz, der vor sechs Jahren mit einem Moped seinen Oldtimereinstieg hatte. Dann hat ihm sein Opa das wertvollste Familienmitglied geschenkt, einen 353er Wartburg in fast ladenneuem Zustand mit wenigen Kilometern auf dem Tacho und das Auto zuvor noch auf eigene Rechnung restaurieren lassen. Die vier Gleichgesinnten sind durchweg Freunde aller DDR-Fahrzeuge, die sie aber nicht unbedingt auf Dauer behalten. Manches wird auch wieder getauscht, und dann beginnt wieder die zeitraubende und teure Restaurierung, und die Erwartung wächst, auch das Stück bald in einer der nächsten gemeinsamen Ausfahrten vorzuzeigen. Von Gerd-Peter Diederich